Innovationen in der bayerischen Chemiebranche fördern

Menschen mit Schild
Ein Teil des Teams vom Chemie-Cluster Bayern: Lars Schmitt, Dr. Elisabeth Rieger, Dr. Patrick Prühs, Magdalena Buch (v. l. n. r.).
Team Chemie-Cluster Bayern

Mit beinahe 20 Grad überraschte der 27. Februar die etwa 50 Personen, die im Innovationspark Augsburg zum Fachforum „Digitale Transformation” zusammenkamen. Auf der Veranstaltung, die das Chemie-Cluster Bayern gemeinsam mit dem Zentrum Digitalisierung Bayern organisierte, wurde über die Digitalisierung in der vielfältigen Chemiebranche diskutiert.

Es sind Veranstaltungen wie diese, die die derzeit etwa 120 Mitglieder des Chemie-Clusters Bayern wahrnehmen können. Das ist natürlich nur ein kleiner Teil der Dienstleistungen, wie Clustermanager Dr. Patrick Prühs betont: „Einfach gesagt: Wir wollen unsere Mitglieder dabei unterstützen, Produkt- und Prozessinnovationen zu entwickeln oder auch marktreife Lösungen in neue, sowohl nationale als auch internationale Märkte, einzuführen.”

Dr. Prühs ist seit Anfang 2018 Clustergeschäftsführer und unterstützte bereits davor das 2006 im Rahmen der Cluster-Offensive Bayern gegründete Chemie-Cluster Bayern. Aus dieser Cluster-Offensive waren mehrere Netzwerke unterschiedlicher Ausrichtung hervorgegangen. Die bayerischen Chemieverbände (VCI. e. V./VBCI e. V.) hatten sich bei der Gründung des Clusters stark engagiert und sind mit Dr. Günter von Au als Sprecher des Clusterbeirats noch heute aktiv vertreten. Ziel war von Anfang an eine stärkere Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, um Innovationen voranzutreiben und sich am Bedarf der Industrien auszurichten. Auch in nachgelagerten Wertschöpfungsketten sind Chemieprodukte unverzichtbar.

Zielgerichtete Angebote für eine diverse Branche

Mitglieder des Chemie-Clusters Bayern sind Unternehmen (darunter Global Player wie die Wacker Chemie AG, Clariant Produkte Deutschland GmbH, Roche Diagnostics GmbH, Linde AG), Forschungseinrichtungen und Universitäten – aber vor allem viele klein- und mittelständische Unternehmen (KMU). Viele KMU sind weitestgehend unbekannt, aber auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet zählen sie häufig zu den sogenannten Hidden Champions, die man sowohl in den Metropolregionen Nürnberg und München als auch in ländlichen Regionen findet. Die bayerische Chemiebranche mit knapp 156.000 Beschäftigten ist sehr divers, mitunter auch etwas konservativ.

Dr. Prühs und sein Team stehen vor der täglichen Herausforderung, ihr Dienstleistungsspektrum für die individuellen Bedürfnisse maßzuschneidern und anzupassen: „Unterschiedliche Mitglieder benötigen einfach auch unterschiedliche Angebote – die Chemiebranche ist sehr breit aufgestellt. Als Chemie-Cluster Bayern sind wir offen für jegliche Ideen! Durch direkte Gespräche mit unseren Mitgliedern entwickeln wir neue Formate. So führen beispielsweise neue Verbindungen innerhalb einer Branche zu neuen branchenübergreifenden Wertschöpfungsketten.“

Im Fokus steht natürlich die Vernetzung: Dafür stellt das Clustermanagement beispielsweise branchenübergreifende Verbünde zusammen, betreibt klassisches Business Development, koordiniert die Einwerbung von Drittmitteln, übernimmt Fördermittelberatung, Projektmanagement und leistet projektbegleitende Transferdienste. Regelmäßige Veranstaltungen, wie die Workshop-Reihe „Chemie trifft…”, in der die Clustermitglieder einen tieferen Einblick in die Entwicklungsprozesse industrieller Schlüsselkunden erhalten oder auch ganz individuelle, themenspezifische Formate, wie das eingangs erwähnte Fachforum, ergänzen die Angebotspalette. Konferenzen, Messeauftritte und ein zweiwöchiger Newsletter sorgen für Sichtbarkeit und Informationsfluss.

Interdisziplinäre Themen der Zukunft

Sichtbarkeit und Information sind wichtige Stichwörter, denn auch die zukünftigen Herausforderungen an das Clustermanagement sind vielfältig. Aktuell steht wie in vielen anderen Branchen die Sicherung von Nachwuchs und Fachkräften stark im Fokus, da ein Großteil der Arbeitnehmer in der chemischen Industrie in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen wird. Wie geht man damit um? Wie finden eben jene Hidden Champions in der bayerischen Provinz einen Nachfolger, um auch weiterhin Innovationen hervorzubringen?

Zudem gibt es derzeit im Bereich Nachhaltigkeit viele neue Projekte: Biobasierte Verpackungen rücken in den Blick, und die Nachfrage nach alternativen Rohstoffquellen steigt. Patrick Prühs nennt ein Beispiel aus dem Alltag: „Da kommt eine Anfrage aus dem Netzwerk: Jemand benötigt Pigmente aus nachwachsenden Rohstoffen, die auf Labels oder Folien aufgetragen werden sollen. So werden wir auf ganz neue Firmen aufmerksam, die wir auf eine Mitgliedschaft ansprechen, um sie zielgerichtet mit bestehenden Mitgliedern zu vernetzen.” Deswegen hat das Clustermanagement 2017 zum Beispiel auch damit begonnen, Start-ups in der Chemieindustrie zu identifizieren, um frühzeitig Technologietreiber zu erkennen und diese mit etablierten Unternehmen in Kontakt zu bringen, die dafür offen sind und beispielsweise Materialien oder Anwendungen suchen, die sie mit ihren bestehenden Produkten kombinieren können. Mittlerweile gibt es eine deutschlandweite Datenbank von über 200 Start-ups. Die etablierten Firmen wiederum haben häufig keinen Überblick zu den Start-ups, nicht jedes Unternehmen leistet sich ein Tech-Scouting oder gar einen Incubator/Accelerator. Und das ist das Trittbrett für das Chemie-Cluster Bayern: Im letzten Jahr wurden diverse „Matches“ identifiziert und zusammengebracht, das gegenseitige Interesse nimmt stetig zu. So werden auch disruptive Innovationen vorangetrieben, ein weiteres wichtiges Zukunftsthema, dem sich das Chemie-Cluster Bayern in den nächsten Jahren widmen will.

Im Team erfolgreich, auch international

Strategische Allianzen mit internationalen Chemiestandorten in Europa, Asien und den USA stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Cluster-Mitglieder und sind daher auch für das Chemie-Cluster Bayern wichtig. So ergeben sich beispielsweise durch EU-Projekte Anfragen internationaler Partner, die wiederum den Mitgliedern zugutekommen. Der Kontakt zu Clustern in anderen Ländern ist ebenfalls lohnenswert: Erst neulich suchte beispielsweise ein Mitgliedsunternehmen einen Partner in Südfrankreich, der innerhalb kürzester Zeit über das französische Pendant des Chemie-Clusters Bayern vermittelt werden konnte. Solche Momente sind für Patrick Prühs und sein Team echte Highlights.

Aktuell stellen sich sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den täglichen Herausforderungen. Dieses interdisziplinäre Team besticht mit Schwerpunkten in Chemie, Biotechnologie und Verfahrenstechnik, aber auch Expertinnen und Experten für Internationalisierung, EU-Projekte bis hin zu Wirtschaftswissenschaften, wobei auch digitale Transformation und eine Start-up-Kultur eine wichtige Rolle spielen.

Besondere Erfolge sind es auch, wenn Firmen zusammengebracht werden können, die bislang keine Kommunikation miteinander hatten, wodurch beispielsweise Innovationen vorangetrieben werden konnten. „An uns ist ein großer Hersteller im Luftfahrtbereich herangetreten – eigentlich kein klassisches Mitgliedsunternehmen – mit einer chemischen Frage zu einer Produktneuentwicklung, weil deren bestehende Produkte künftig neuen Regularien unterliegen. Durch unser Netzwerk konnten wir einen Kontakt vermitteln und freuen uns sehr, dass beide Firmen mittlerweile an einer Machbarkeitsstudie arbeiten – eine wirkliche Innovation.”

Diese Innovationen wären ohne die Vermittlung durch das Chemie-Cluster Bayern nicht zustande gekommen, deshalb wollen Dr. Patrick Prühs und sein Team auch in Zukunft daran arbeiten, die Position der bayerischen Chemie als Deutschlands industrieller Effizienztreiber zu erhalten und auszubauen.

Stimmen aus dem Netzwerk

Frau
CCB Sallinger
Lilo Sallinger, Geschäftsführerin IRSA – Lackfabrik Irmgard Sallinger GmbH: „Wir haben ein innovatives Produkt im Bereich biologischer Trockner entwickelt, konnten die Umsetzung aber aufgrund fehlender Ressourcen nicht selbst vollenden. Da hat uns das Cluster geholfen, Fördermittel zu erhalten, und wir haben nun einen Kooperationspartner gefunden, mit dem wir das zusammen umsetzen können. Gerade für uns kleinere Unternehmen – wir sind 14 Mitarbeiter – muss Innovationsfähigkeit im Fokus stehen, sonst kann man gar nicht überleben. Das ist alleine nicht zu schaffen und ich bin dem Chemie-Cluster Bayern sehr dankbar für die Hilfe!”
Frau und Mann
CCB Schmidt
Reinhard Schmidt, CEO econ industries: „Die Zusammenarbeit mit dem Team vom Chemie-Cluster Bayern macht einfach Spaß! Was uns eine Menge bringt, ist das Networking mit den Chemiebetrieben. So erhalten wir einen Einblick, was in unserem Themenbereich – der Verwertung von Industrieabfällen – gefordert ist. Und überhaupt: So lernen wir sie kennen! Gerade zu großen Chemieunternehmen hätten wir sonst nicht so direkt Kontakt. Da diese aber ebenfalls Mitglieder im Chemie-Cluster Bayern sind, können wir darüber auch einen neuen Kundenkreis erreichen, denn eigentlich sind wir bisher vorwiegend im Ausland aktiv.”

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