Meldung
13.03.2024

MCube: Speaker Series über Mobilitäts(un)gerechtigkeit

Beim Thema Mobilität geht es längst nicht nur um technische Innovationen, sondern auch um soziale Aspekte wie Geschlechtergerechtigkeit, Barrierefreiheit, bezahlbaren Zugang sowie urbane Raumgestaltung. Das stand im Fokus der 14. Ausgabe der MCube Speaker Series „Zukunft der Mobilität“ am 22. Februar 2024 im Deutschen Museum Verkehrszentrum mit knapp 100 Gästen. Dabei wurde der „MCube Mobilitäts(un)gerechtigkeitsatlas“ erstmals vorgestellt: ein geodatenbasiertes Tool, das auf Quartierebene aufzeigt, wo es an gerechter Mobilität mangelt und inklusive, nachhaltige Mobilitätskonzepte entwickelt werden können.

MCube Speaker Series Zukunft der Mobilität. V. l.: Johann Sachmann, David Duran, Jessica Le Bris, Silke Buchberger, Ines Kawgan-Kagan, Oswald Utz
MCube Speaker Series Zukunft der Mobilität. V. l.: Johann Sachmann, David Duran, Jessica Le Bris, Silke Buchberger, Ines Kawgan-Kagan, Oswald Utz
© MCube - Munich Cluster for the Future of Mobility in Metropolitan Regions
MCube Speaker Series Zukunft der Mobilität. V. l.: Johann Sachmann, David Duran, Jessica Le Bris, Silke Buchberger, Ines Kawgan-Kagan, Oswald Utz

Dr. Ines Kawgan-Kagan: Gendergerechtigkeit darf kein Randthema sein

Das sich am vollzeiterwerbstätigen Mann orientierende Mobilitätsmuster-Modell vernachlässigt die komplexen und vielschichtigen Mobilitätsbedürfnisse von Frauen, die nicht nur oft in Teilzeit arbeiten, sondern auch die Hauptlast der Care-Arbeit tragen. Diese Doppelbelastung führt zu einem Netz aus vielfältigen Wegen und Zielen, das in der aktuellen Mobilitätsplanung keine Berücksichtigung findet.
Darüber hinaus machte sie deutlich, dass die finanziellen Möglichkeiten von Frauen, ihre Nutzungsmuster von Verkehrsmitteln und spezifische Sicherheitsbedürfnisse von den aktuellen Planungsannahmen abweichen. Diese Diskrepanz unterstreicht die dringende Notwendigkeit, Mobilitätsangebote geschlechtergerecht zu gestalten, indem über das Geschlecht hinaus weitere Faktoren wie Alter, Familienstand, Einkommen und Wohnort einzubeziehen, um eine umfassende Inklusion zu gewährleisten.

Oswald Utz: Inklusion im öffentlichen Raum

„Wie viele von Ihnen haben Freunde mit Behinderungen?“ Mit dieser einleitenden Frage illustrierte Oswald Utz, Behindertenbeauftragter der Landeshauptstadt München, warum diese Gruppe oft in der Planung vergessen wird. Er plädierte eindringlich für eine inklusivere Gestaltung öffentlicher Verkehrsmittel und Infrastruktur, um die Zugänglichkeit für alle zu verbessern. Utz erläuterte, dass die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen weitreichende positive Effekte haben kann, die auch anderen Bevölkerungsgruppen zugutekommen. Als Beispiel nannte er längere Haltezeiten bei der U-Bahn, die nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern auch für ältere Menschen oder Eltern mit Kinderwagen eine Erleichterung darstellen.

David Duran und Dr. Jessica Le Bris: Praktische Wege zur Mobilitätsgerechtigkeit

Dr. David Duran und Dr. Jessica Le Bris von dem MCube Innovationsprojekt MGeM stellen vor, wie sie das Ziel verfolgen, Mobilitätsungerechtigkeit nicht nur theoretisch zu erforschen, sondern auch durch praktische Lösungen das Leben in der Metropolregion München für alle zu verbessern. Mit dem Mobilitäts(un)gerechtigkeitsatlas und dem Pilotprojekt am Piusplatz zeigen sie auf, wo es an gerechter Mobilität mangelt und wie gezielte Maßnahmen diese Lücken schließen können. Die Erkenntnisse aus dem MGeM-Projekt können Vertretende der Stadtplanung und Politik nutzen, um inklusive Mobilitätskonzepte zu entwickeln.

Mobilitäts(un)gerechtigkeitsatlas: Aufdecken von Ungleichheiten

Ein Schlüsselwerkzeug ihrer Forschung ist der Mobilitäts(un)gerechtigkeitsatlas. Dieses geodatenbasierte Tool macht Ungleichheiten im Mobilitätsangebot auf Quartiersebene in Städten (zunächst in München) sichtbar, indem es städtische Daten und Umfrageergebnisse nutzt, um zu zeigen, wie verschieden der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln und grundlegenden Dienstleistungen für diverse Bevölkerungsgruppen ist.

Johann Sachmann: Microlino als Antwort auf heutige Fahrzeuge

Mit dem Ziel, über die „Last Mile“-Lösung hinauszugehen und die städtischen Mobilitätsbedürfnisse ganzheitlich zu adressieren, präsentiert Microlino eine Antwort auf die Kritikpunkte herkömmlicher städtischer Fahrzeuge: zu groß, zu schwer und oft zu teuer. Der Microlino, als „größtes kleines Produkt“ der Micro Mobility AG, ist ein kompakter, 2,52 Meter langer Kabinenroller für zwei Personen, der mit seinem minimalistischen Elektroantrieb nicht nur eine praktische, sondern auch eine gerechtere Alternative im urbanen Raum darstellt.

Fazit: Ein ganzheitlicher Blick auf die Zukunft der Mobilität

In der Podiumsdiskussion diskutierten die Sprechenden gemeinsam mit Silke Buchberger von der Stadt München und dem Publikum, wie man gemeinsam über den technologischen Ansatz hinwegkommt und die wirklichen Bedürfnisse der Menschen stärker adressiert. Dabei wurden sowohl wirtschaftliche Perspektiven als auch politische Herausforderungen beleuchtet, die zeigen, wie unterschiedliche Interessen die Implementierung von Mobilitätsgerechtigkeit beeinflussen können.

Es ist notwendig, Mobilitätskonzepte ganzheitlich zu denken und zu gestalten, um eine gerechte, zugängliche und nachhaltige Zukunft der Mobilität zu schaffen.

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