Meldung
13.01.2020

Kunststoff-Netzwerk Franken: Rückblick auf 3D-Forum 2019

Fachtagung „3D-Druck mit Kunststoff in Serienanwendungen – Erfolgreiche Beispiele aus der Praxis“

Keine Fertigungstechnologie hat die Kunststoffverarbeitung in so kurzer Zeit revolutioniert wie die industrielle 3D-Drucktechnik. Daher lud das Kunststoff-Netzwerk Franken (KNF) am 14. November 2019 zur Fachtagung „3D-Druck mit Kunststoff in Serienanwendungen – Erfolgreiche Beispiele aus der Praxis“ nach Bayreuth und bot dem Fachpublikum mit dem 3D-Forum 2019 eine Informations- und Austauschplattform zur Additiven Fertigung in der Kunststoffbranche.

Referenten und Veranstalter des 3D-Forums 2019 (v. l. n. r.): Kai Kegelmann, Jürgen Schmidt, Johannes Schütz, Dr. Julia Gensel, Dr. Thomas Neumeyer, Stefan de Groot, Markus Schrittwieser, Armin Bauer (KNF)
Referenten und Veranstalter des 3D-Forums 2019 (v. l. n. r.): Kai Kegelmann, Jürgen Schmidt, Johannes Schütz, Dr. Julia Gensel, Dr. Thomas Neumeyer, Stefan de Groot, Markus Schrittwieser, Armin Bauer (KNF)
© Kunststoff-Netzwerk Franken e. V.
Kunststoff-Netzwerk Franken: Rückblick auf 3D-Forum 2019

Armin Bauer, Vorstandsmitglied des KNF, eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die über 50 Teilnehmer in den vollbesetzten Räumen der Neue Materialien Bayreuth GmbH (NMB). Dr. Thomas Neumeyer, Bereichsleiter Kunststoffe am NMB und Leiter des KNF-Arbeitskreises „Additive Fertigung“, erläuterte im Anschluss die Schwerpunkte des Arbeitskreises – Werkstoffe für den 3D-Druck, Verfahren und Nachbearbeitung sowie Additive Fertigung im Werkzeugbau – und betonte die Wichtigkeit und Aktualität des Themas. Die Fachexperten der Tagung lieferten in ihren Vorträgen Informationen zur Wertschöpfung im 3D-Druck, zum Ersatz des Spritzgussverfahrens durch additive Fertigungsverfahren sowie zur Individualisierbarkeit von Serienprodukten durch 3D-Drucktechniken. Weiterhin bot das Programm die Möglichkeit; an Fachvorträgen über Qualitätssicherung in der Additiven Fertigung und den 3D-Druck im Werkzeug- und Formenbau teilzunehmen sowie das Demo-Center Additive Fertigung der NMB zu besichtigen.

Markus Schrittwieser von der 1zu1 Prototypen GmbH & Co. KG in Dornbirn (Österreich) stellte in seinem Vortrag „AM Anwendungen mit Mehrwert – AM ersetzt Spritzguss“ Beispiele wie faltbare Lampenschirme vor, die im Spritzguss nicht herstellbar sind und nur mittels 3D-Druck realisiert werden können. Dabei betonte Markus Schrittwieser, dass nur durch den 3D-Druck personalisierte Designwünsche des Kunden berücksichtigt und in der Serienfertigung umgesetzt werden können. Das wichtigste sei die Materialfrage, führte Markus Schrittwieser aus und betonte, dass bei der Materialauswahl die Anforderungen, die an das Bauteil gestellt werden, berücksichtigt werden müssen. Gerade in Mid-Range-Materialien liege das größte Potenzial, so der Referent. 3D-gedruckte Kunststoffprodukte erforderten bei der Materialauswahl, im Konstruktions- und im Herstellprozess ein Umdenken, so Markus Schrittwieser, könnten aber gleichzeitig auch die Realisierung einer digitalen Fabrik ermöglichen. Die Konstruktion und Fertigung eines individualisierten Ski-Innenschuhs stellte Jürgen Schmidt von der Materialise GmbH in Gilching vor. Ausgehend von einem 3D-Scan des Kundenfußes wird der Innenschuh, der zunächst mit einer Konstruktionssoftware an die Schale des Skischuhs angepasst wird, additiv gefertigt. „Dadurch können Innenschuhe hergestellt werden, die zu 100 % zum Fuß passen und die aufgrund des Formschlusses zwischen Innenschuh und Schale mit nur einer einzigen Schnalle auskommen“, so Jürgen Schmidt.

Im zweiten Teil seines Vortrages erläuterte Jürgen Schmidt die Serienproduktion chirurgischer Bohr- und Sägeschablonen für Knieimplantate, die dank 3D-Druck patientenspezifisch hergestellt werden können. Aufgrund der daraus resultierenden genaueren Positionierung des künstlichen Gelenkes wird das Ziel des „vergessenen Knieimplantates“ für Patienten erreichbar. Als die wichtigsten Treiber für den 3D-Druck identifizierte Jürgen Schmidt zum Abschluss seiner Präsentation noch die Faktoren Design, Kosten und Zeit. Anschließend konnten sich die Teilnehmer im Rahmen einer Besichtigung einen Einblick in das Demo-Center Additive Fertigung der Neue Materialien Bayreuth GmbH verschaffen. Dr. Julia Gensel, Teamleiterin Additive Fertigung am NMB, und ihr Team erläuterten Details zu den pulver- sowie schmelzebasierten Additive Manufacturing (AM)-Verfahren, die in Bayreuth eingesetzt werden. Das Selektive Lasersintern, das HP Multi Jet Fusion-Verfahren, das ARBURG Kunststoff-Freiformen und das Filamentextrusionsverfahren wurden vorgestellt. Anhand unterschiedlichster Produktbeispiele wurden die Vorteile, Einsatzgebiete und Grenzen der einzelnen AM-Verfahren aufgezeigt.

Wie „Individualisierbare Serienfertigung mit 3D-Druck“ aussehen kann, stellte Stefan de Groot von der PROTIQ GmbH in Blomberg vor. Mithilfe des PROTIQ-Webportals können die Nutzer der Plattform individuelle 3D-Modelle hochladen, konfigurieren und innerhalb von zwei Tagen additiv fertigen lassen. Die intuitiv bedienbaren Online-Tools des Webportals und integrierte Konfiguratoren ermöglichen dem Nutzer selbst bei komplexen bionischen Strukturen, Leichtbaustrukturen und Bauteilen mit Funktionsintegration eine einfache Handhabung. Konfiguratoren für Induktoren, Zahnräder und Gehäuse-Cover erlauben eine individuelle Anpassung der Produkte an spezifische Kundenwünsche bei gleichzeitiger Sicherstellung der Funktionalität der konfigurierten Bauteile, führte Stefan de Groot weiter aus. Durch per Künstliche Intelligenz gesteuerte kontinuierliche Vorbereitungs- und Nachbereitungsschritte beim 3D-Druck, eine innovative Lasersinteranlage und die Vernetzung der gesamten Fertigungskette von der Konfiguration bis hin zum Versand kann der Automatisierungsgrad und somit auch die Produktivität bei der Serienfertigung individueller AM-Produkte signifikant erhöht werden.

Einblicke in den Stand der Technik und in aktuelle Entwicklungsarbeiten der Additiven Fertigung im Werkzeug- und Formenbau gewährte Johannes Schütz von der Werkzeugbau Siegfried Hofmann GmbH in Lichtenfels. Die Herstellung von metallischen Werkzeugen mit 3D-Druckverfahren ermögliche komplexe Werkzeug-Geometrien, welche mit konventionellen Metallbearbeitungsverfahren nicht realisierbar wären, erläuterte Johannes Schütz. Durch die additive Fertigung von Spritzgießwerkzeugen lässt sich zum Beispiel die Temperierung optimieren und eine konturnahe Kühlung des spritzgegossenen Bauteils umsetzen. Dadurch kühlen die Spritzgussbauteile um bis zu 44 % schneller ab, bezifferte Johannes Schütz die Kühlzeitreduktion und belegte damit die positive Auswirkung der Verwendung additiv gefertigter Werkzeuge auf die Zykluszeit beim Spritzgießen.
Auf die Partikelschaumverarbeitung, in welcher 3D-gedruckte Werkzeuge ebenfalls Vorteile mit sich bringen, ging Johannes Schütz im weiteren Verlauf seines Vortrages ein. Durch die Verwendung additiv gefertigter Formen anstatt konventioneller Schäumwerkzeuge könne beim Partikelschäumen der Dampfverbrauch um bis zu 97 % und die Zykluszeit um bis zu 45 % reduziert werden, fasste Johannes Schütz zusammen.

In seinem Vortrag beleuchtete Kai Kegelmann von der Kegelmann Technik GmbH in Rodgau das Thema 3D-Druck von Kunststoffen aus Sicht des Qualitätsmanagements. Wie er erläuterte, sei die Betrachtung der gesamten Prozesskette notwendig, um die Qualität in der Additiven Fertigung zu sichern. Ein produktspezifisches Qualitätskonzept muss alle notwendigen Maßnahmen und Parameter zur Sicherung der Qualität eines Bauteils enthalten. Während des Fertigungsprozesses sollten spezielle QS-Bauteile wie Dichtewürfel und Zugstäbe mitproduziert und anschließend geprüft werden, um Qualitätsverschlechterungen frühzeitig erkennen zu können und ein besseres Verständnis für die Qualitätsparameter zu erlangen. Auch die Überwachung des eingesetzten Ausgangsmaterials sowie die Überprüfung der fertigen Bauteile anhand gängiger Prüfmethoden und -standards sind wichtige Qualitätsmaßnahmen. „Für eine erfolgreiche Qualitätssicherung in der Additiven Fertigung ist es ganz besonders wichtig, die gesamte Prozesskette zu betrachten, die Einflussfaktoren auf die Bauteilqualität zu analysieren und alle Erkenntnisse in das Qualitätskonzept mit einzubeziehen“, resümierte der Referent.

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