Meldung
07.05.2019

Kunststoff-Netzwerk Franken: Kunststoff-Forum 2019

Am 9. April 2019 lud das Kunststoff-Netzwerk Franken nach Bayreuth ein, um sich dem Thema „Digitalisierte Kunststofffertigung mit erfolgreichen Beispielen aus der Praxis” anzunehmen. Das Programm schlug den Bogen von der digital basierten lasergesteuerten Werkzeugherstellung bis hin zur voll automatischen Diagnose und selbständigen Kalibrierung von Roboterzellen. Hans Rausch, Geschäftsführer des Kunststoff-Netzwerks Franken, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den vollbesetzen Räumen der STÄUBLI Tec-Systems GmbH Connectors. „Die Veranstaltung hat genau den Nerv der Zeit getroffen, wir haben es geschafft, Praxisbeispiele zum Thema Industrie 4.0 greifbar zu machen und uns über das rege Interesse der Teilnehmer gefreut”, so Hans Rausch.

Die Referenten und Veranstalter des Kunststoffforums 2019.
Die Referenten und Veranstalter des Kunststoffforums 2019: (v.l.n.r.): Martin Loch (Preccon Robotics GmbH), Helmut Hofmann (Moderator), Markus Vogler (Vogler Engineering GmbH), Dr. Helmut Ridder (PHOENIX CONTACT GmbH & Co. KG), Klaus Hilmer (k-Beratung), Andreas Schuster (REHAU AG + Co.), Klaus Eimann (Procter & Gamble Manufacturing GmbH), Hans Rausch (KNF)
Kunststoff-Netzwerks Franken: Kunststoff-Forum 2019

Klaus Eimann von der Procter & Gamble Manufacturing GmbH in Marktheidenfeld stellte in seinem Vortrag „Digital Photonic conquers Tool Manufacturing” innovative Methoden der laserbasierten Werkzeugherstellung und -bearbeitung vor. Gezielte Bearbeitung mit dem Laser ermöglicht nicht nur den Aufbau additiv gefertigter Werkeugkomponenten und mit frei formbaren Kühlkanälen, auch bietet der Laser ungeahnte Möglichkeiten in der Oberflächengestaltung am Werkzeug und damit am Kunststoffteil. Laser ermöglichen schnelle Werkzeugreparaturen, den partiellen Austausch von schadhaften Werkzeugabschnitten und, so Klaus Eimann, die Möglichkeit, Entlüftungskanäle an Stellen zu realisieren, an denen diese konventionelle Fertigung niemals möglich wäre. Wer den Laser richtig nutzt, hat damit Möglichkeiten, die derzeit mit keiner anderen Technologie umsetzbar sind, so Klaus Eimann.

Dr. Helmut Ridder von der PHOENIX CONTACT GmbH & Co. KG in Blomberg betonte, dass digitale Werkzeugdaten und Identifikation die Fertigung optimieren. Die Tomographie ersetzt dabei konventionelle Messtechniken. Eine durchgängige Datenkette ermöglicht die direkte Bewertung der realen Bauteilfunktionen. Bei PHOENIX CONTACT ist die eindeutige Identifikation des Werkzeuges durch ein real-time-checking via RFID gewährleistet. Diese umfangreiche Datenerfassung ermöglicht es, über interne Informations- und Kommunikation-Panels die Daten eines jeden Werkzeuges in Echtzeit zu erfassen und vor Ort zu visualisieren. Die permanente Positionsverfolgung von Werkzeugen reduziert Liegezeiten und Suchaufwände. Der Einsatz von Augmented Reality ermöglicht es dem Bediener, zusätzliche Informationen direkt an der Maschine zu erhalten, die bisher nur in Papierform abseits des Ortes des Geschehens vorlagen. Die Bediener erhalten damit eine Datentransparenz durch den Abruf von Konstruktionsdaten, sowie Interaktionsmöglichkeiten, Fristhinweise usw. Besonders vorteilhaft ist dies am Anwendungsbeispiel Umbau/Wartung. Mit Augmented Reality wird es möglich, auch weniger erfahrenen Fachkräften durch eine gezielte, virtuell unterstützte Anleitung eine Werkzeugwartung durchführen zu lassen, so Dr. Ridder.

Die Vision einer smarten Spritzgießfertigung stellte Klaus Hilmer von der k-Beratung in Marl vor. Um zu einer smarten Spritzgießfertigung zu gelangen sind sowohl kunststoffoptimierte Bauteile sowie die umfangreiche Kenntnis der beteiligten Komponenten wie Materialien, Prozesse und Werkzeuge notwendig. Die Basis ist die Erfassung und Überwachung von Daten mittels Sensorik. Die direkte Prozessdatenerfassung beim Spritzguss-Prozess bis hin zu den einzelnen Schüssen generiert große Datenmengen. Diese gilt es, in Echtzeit zu analysieren und in die jeweiligen Optimierungsschleifen zurück zu führen. Die Bediener werden dabei per Smartgerät an den Maschinen bei der Einrichtung und Steuerung unterstützt, so Herr Hilmer.

Voraussetzung einer optimalen Prozessführung ist die Musterung der Bauteile mit einem statistischen Versuchsplan. Werkzeugkorrekturen und Endmaße setzen dabei im optimalen Arbeitspunkt der Maschine an. Jede Person bekommt die für sie wichtigen Informationen angezeigt. Qualität und Fertigteilposition sind immer erfasst. Durch entsprechende Big Data-Analysen mit geeigneter Software lassen sich Fertigungsprozesse zuverlässig überwachen und letztendlich wie einen Schwarm lenken, so der Referent.

Nach einer Kaffeepause mit interessanten Gesprächen stellte Markus Vogler von der Vogler Engineering GmbH in Hof das Konzept einer papierlosen Fertigung vor. 90 % aller Daten wurden in den letzten beiden Jahren erzeugt, diese Aussage wird auch in den nächsten Jahren immer wieder richtig sein, so begann Markus Vogler seinen Vortrag zum Thema „Papierlose Fertigung in der Kunststoffindustrie”. Die Erwartungen an Industrie 4.0 sind hoch. Die Vorhersage der Ausfallzeiten, digitale Zwillinge, künstliche Intelligenz und letztendlich selbsterlernende Maschinen sind die Erwartungen. Davon sind wir in vielen Bereichen noch sehr weit entfernt, so der Referent. Die Digitalisierung ist bei Weitem nicht so weit fortgeschritten wie es eigentlich sein könnte. Ein klassisches Beispiel sind die Papierdokumente in der Fertigung. Die oft geringe Aktualität der Dokumente, die mangelnde Datenqualität sowie der entsprechende Zeitverzug verhindern eine Echtzeitanalyse der Daten, diese ist aber Voraussetzung zur automatischen Reaktion auf die Workflows.

Herr Vogler präsentierte am Beispiel eines Quality Panels in der Fertigung die Vorteile der digital basierten Datenbereitstellung. Das Q-Panel ermöglicht die Qualitätsüberwachung in Echtzeit, sowie automatische Mitarbeiterschulungen. Aktuelle Qualitätskennzahlen sind immer verfügbar. Ausgerüstet mit Smartphones und Tablets, haben die Mitarbeiter die notwendigen Daten jederzeit zur Verfügung. Damit reduziert sich die Zeitspanne zwischen Maschinenereignis und der Behebung des Problems drastisch, so der Referent. „Production Intelligence for Smart Manufacturing” heißt: Daten messbar machen, zu digitalisieren, zu analysieren, letztendlich zu prognostizieren und auf dieser Basis die Produktion entsprechend am besten selbst anpassend zu organisieren, so Andreas Schuster von der REHAU AG.

Am Beispiel der Stoßfängerfertigung der REHAU AG präsentierte er die Möglichkeiten der Bauteilverfolgung in Echtzeit. Unmittelbar nach der Bauteileentstehung werden alle Teile mit einem RFID-Chip versehen, der das während der gesamten Bauteillebenszeit begleitet. Nicht nur die Herstelldaten werden nachvollziehbar, denn es werden bei jedem weiteren Veredelungsschritt die Bauteildaten aktualisiert. Als Ergebnis erhält man einen umfassenden Produktlebenslauf von der Entstehung bis zum Versand. Die Bauteile werden just in sequence produziert, so dass sämtliche Daten erfasst werden müssen, die für den folgenden Prozess wichtig sind, bis hin zur Lackfarbe. Mit entsprechenden Smart Devices vom Datenhandschuh bis zum Scanner wird es durch das interne regelkreisbasierte Steuerungssystem möglich, nicht nur die Produktionszahlen zu erfassen, sondern auch das Auftreten von Fehlern bis ins kleinste Detail nach zu vollziehen. Mit Hilfe von Auswertungssoftware werden die Maschinendaten, die Daten einer ganzen Fertigungsanlage schichtgenau analysiert und evtl. Fehlerquellen und Störungen beseitigt. Damit stellt dieses System eine ideale Grundlage für die Schulung von Mitarbeitern dar, so der Referent.

„Roboterkalibrierung 4.0” ermöglicht die vollautomatische Diagnose und selbständige Kalibrierung der gesamten Roboterzelle, so Martin Loch von der Preccon Robotics GmbH in Bayreuth. Gründe für einen ungeplanten Roboterstillstand in der Fertigung gibt es viele, von der Kollision über Verschleiß bis zum Softwarefehler. In der Regel werden Roboter händisch wieder eingeregelt, was beim Wiederanlauf zu erneuten Risiken führen kann. Die Stillstandkosten umfassen den Produktionsausfall, Aufwendungen für Arbeitskräfte, den Materialausschuss und letztendlich den anfallenden Verwaltungsaufwand. Kosten für Lieferverzug, sowie ein eventueller Imageschaden kommen noch hinzu.

Roboterkalibrierung 4.0 bedeutet, dass der Roboterzustand im Idealpunkt eingefroren wird, sodass er zu jedem Zeitpunkt per Knopfdruck und automatisiert wieder abgerufen werden kann. Damit steht für Produktionsanlagen ein Diagnosewerkzeug sowie ein Werkzeug zur Wiederherstellung des Roboterzustandes zur Verfügung. Die kritischen Schnittstellen am System, insbesondere die Drehachsen werden überwacht. Damit ermöglicht das System die Vorhersage von Ausfallwahrscheinlichkeiten. Eine Roboteranalyse und -messung wird bis hin zum Greiferwerkzeug ohne Fachpersonal auf Knopfdruck möglich Der aktuelle Funktionszustand des Roboters kann jederzeit abgefragt und im Notfall entsprechend korrigiert werden. „Roboterkalibrierung 4.0” war der Sieger in der Kategorie Industrieroboter bei der MM-Award der Automatica 2018 und Sieger in der Kategorie Manipulatoren Robotics und Systemlösungen beim Handling Award der Motec 2018 und ist unsere Version einer modernen wartungsarmen Anlage”, schloss der Referent.

Die Veranstaltung klang bei einem gemeinsamen Imbiss, der von vielen Teilnehmenden noch zum wechselseitigen Austausch und Kennenlernen genutzt wurde, aus.

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