Wie die Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern zu einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Holzwirtschaft beiträgt

Geschäftsführer Alexander Bogner in der Geschäftsstelle der Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern in Freising.
© VDI/VDE-IT
Mitten in der historischen Altstadt von Freising, zwischen kopfsteingepflasterten Gassen und denkmalgeschützten Fassaden, liegt der Sitz der Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern. Von außen unscheinbar, birgt das Gebäude inmitten der frisch renovierten Fußgängerzone eine Schatzkiste für forstwirtschaftliche Innovation und Nachhaltigkeit. Hier koordiniert die Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern die Interessen von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, um gemeinsam an den drängenden Fragen einer zukunftsorientierten Forst- und Holzwirtschaft für die Region zu arbeiten: Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, holzbasierte Bioökonomie und zukunftsfähiger Holzbau. Dabei gelingt es der Clusterinitiative immer wieder, neue Impulse aus dem Holz zu klopfen.
Alexander Bogners Vision für den Wald der Zukunft
Alexander Bogner, seit Januar 2022 Geschäftsführer der Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern, bringt frischen Wind in die seit 2006 bestehende Initiative. Der studierte Politikwissenschaftler und Kommunikationsexperte leitet die Clusterinitiative mit einem klaren Ziel: die vielseitigen Interessen der Stakeholder unter einen Hut zu bringen und die Potenziale der Forst- und Holzbranche in Bayern voll auszuschöpfen. „Unser Ziel ist es, den Wald als Ressource zu bewahren und gleichzeitig wirtschaftlich zu nutzen", erklärt er. Dabei setzt er darauf, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Seine Vision? Ein modernes, zukunftsfähiges Forstsystem, das Klimaschutz und wirtschaftliche Interessen in Einklang bringt.
Thematischer Mischwald
Diese Vision verfolgt Alexander Bogner gemeinsam mit seinem aktuell fünfköpfigen Team bestehend aus Forstwissenschaftlerinnen und Forstwissenschaftlern, einer Eventmanagerin, einer Kommunikationsexpertin und einer Teamassistentin. Die Themenvielfalt, die das Team aktuell behandelt, ist dabei so facettenreich wie ein Mischwald:
Waldumbau: Der Klimawandel stellt die Waldbewirtschaftung vor immense Herausforderungen. Besonders die Fichte, die lange als „Brotbaum" der Forstwirtschaft galt, hat in vielen Regionen Bayerns nur noch begrenzte Überlebenschancen. Der Umbau zu klimastabilen Mischwäldern ist daher unumgänglich. „Das dauert eine Generation, aber es ist alternativlos," betont Bogner. Um geeignete Baumarten auszuwählen und langfristige Strategien zu entwickeln ist eine enge Zusammenarbeit mit Waldbesitzenden und der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis nötig.
Holzbasierte Bioökonomie: Holz ist mehr als nur ein Baustoff. Es kann fossile Rohstoffe in Bereichen wie Chemie und Textilien ersetzen. „Von der Zellulose für Kleidung bis hin zu biobasierten Kunststoffen – die Einsatzmöglichkeiten sind nahezu unbegrenzt", sagt Bogner. Die Clusterinitiative arbeitet eng mit anderen bayerischen Clustern zusammen, um industrielle Anwendungen voranzutreiben. So zeigt sich, dass Holz auch in der Hightech-Welt starke Wurzeln schlagen kann. Innovative Start-ups, die sich auf Holz als Rohstoff spezialisieren, unterstützt die Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern hier aktiv.
Holzbau: Der Holzbau boomt, doch es gibt noch viel Potenzial. Vor allem bei Mehrfamilienhäusern und urbanen Nachverdichtungen sieht die Clusterinitiative große Chancen. „Holz ist nicht nur nachhaltig, sondern auch ideal für modularen und rückbaubaren Bau," so Bogner. Es spart Ressourcen und Zeit, was gerade in der Baukrise essenziell ist. Der Holzbau bringt damit nicht nur Stabilität, sondern auch Flexibilität auf den Punkt. Gerade in den dicht bebauten Innenstädten Bayerns bieten Holzaufstockungen eine attraktive Lösung.
Altholznutzung und Kreislaufwirtschaft: Die Wiederverwertung von Holz steht bei diesem Themenfeld im Fokus. Doch die Herausforderungen sind komplex, da viele Holzprodukte durch Klebstoffe oder Beschichtungen schwer wiederverwendbar sind. Die Clusterinitiative setzt sich dafür ein, neue Lösungen für natürlichere Materialien und Rückbausysteme zu entwickeln. Es gilt, aus altem Holz neues Leben zu schnitzen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Entwicklung von Verfahren, die Altholz effizient trennen und aufbereiten.
Eine Herausforderung: Divergierende Interessen
Die Vielfalt der Themen, die das Clustermanagement in seiner täglichen Arbeit beackert, spiegelt gleichzeitig die Komplexität der Stakeholder wider. Von privaten Waldbesitzenden über Sägewerke bis hin zu Holzbauunternehmen, Architektinnen und Architekten sowie Umweltorganisationen – alle haben unterschiedliche Ziele und Agenden. „Unser Job ist es, eine Plattform zu schaffen, auf der alle zusammenfinden," erklärt Bogner. Besonders bei Themen wie Holzknappheit oder Exportkonflikten zeigt sich, wie schwierig das ist: Hier muss oft das sprichwörtliche Brett vor dem Kopf beseitigt werden, um gemeinsame Lösungen zu finden.
Ein Beispiel dafür ist die Laubholznutzung. Während die Industrie noch stark auf Fichte setzt, müssen Waldbesitzende motiviert werden, mehr Laubholz anzubauen. Gleichzeitig fehlen oft Technologien und Know-how, um v. a. qualitativ schlechtere Laubholzsortimente effizient zu verarbeiten. „Hier sind innovative Ansätze gefragt, um den gesamten Kreislauf – von der Aufforstung bis zur Endnutzung – zu optimieren," sagt Bogner. Die Clusterinitiative will dabei helfen, Hürden zu umschiffen und Laubholz als neuen Hoffnungsträger zu verankern. Eine erfolgreiche Umsetzung könnte die wirtschaftliche Nutzung von Laubholz auf ein neues Niveau heben und langfristig die Holzversorgung stabilisieren.
Um auch die Politik zu diesem Themenkomplex ins Boot zu holen, organisiert die Cluster-Initiative Forst und Holz mit proHolz Bayern regelmäßig politische Waldtage. Dabei werden Abgeordnete eingeladen, den Wald besser kennenzulernen. „Wir zeigen dabei die Probleme in der Forstwirtschaft auf, wie Klimaschäden entstehen und welche Anstrengungen unternommen werden müssen, um den Wald zu bewahren,“ sagt Bogner. „Gleichzeitig sensibilisieren wir die Abgeordneten für die Themen des Waldes, da es ja durchaus einige politische Hürden aus Brüssel oder Berlin gibt, die die Bürokratisierung des Waldes in den letzten Jahren extrem vorangetrieben haben. Die sind aber teilweise kontraproduktiv. Am Ende führt das dazu, dass die Waldbesitzenden einfach gar nichts mehr mit ihrem Wald machen und ihn einfach ruhen lassen. Doch entgehen der aktuellen öffentlichen Wahrnehmung ist dieses „ruhen lassen“ fatal, denn der Wald muss jetzt an den Klimawandel angepasst und entsprechend umgebaut werden, damit er noch eine Zukunft hat.“
Holzbau: Von der Nische ins Rampenlicht
Trotz der enormen Herausforderungen ist es der Clusterinitiative in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, beeindruckende Erfolge zu erzielen. Der Holzbau hat sich dank der Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen wie der TU München stark weiterentwickelt. „Vor 20 Jahren war ein Holzhaus noch eine Ausnahme. Heute ist es eine echte Alternative – sowohl ästhetisch als auch funktional", so Bogner. Dank der Clusterinitiative gibt es in Bayern mittlerweile zahlreiche innovative Projekte, von modularen Holzhochhäusern bis hin zu energieeffizienten Passivhäusern. Damit hat der Baustoff Holz seine Nische verlassen und ein breites Publikum für sich gewonnen.
Ein weiterer Erfolg ist die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern. „Wir tauschen uns intensiv mit Österreich aus, wo Holz ein noch größerer wirtschaftlicher Faktor ist als in Deutschland," erklärt Bogner. Solche Partnerschaften schaffen nicht nur Synergien, sondern geben auch Impulse für eigene Projekte. Beispielsweise gibt es in Österreich bereits den Ausbildungsberuf der Holzbauplanung. „Holzbau muss anders gedacht werden als ein konventioneller Bau. Dafür ist ganz bestimmtes Know-how erforderlich – gerade in der Phase der Planung,“ sagt Bogner. „Es ist unheimlich wichtig, dass der Holzbau gut geplant ist. Oft fehlt es Architektinnen und Ingenieuren an diesem Know-how. Der Ausbildungsberuf Holzbauplanung nach österreichischem Vorbild könnte hier eine große, notwendige Lücke schließen und den Holzbau in Zukunft noch weiter voranbringen“. Das Cluster will also weiterhin Brücken bauen – aus und mit Holz.
Die Zukunft der Clusterinitiative sieht Bogner optimistisch: „Wir müssen noch stärker in die Breite gehen, besonders was die Bioökonomie betrifft. Die Möglichkeiten, Holz in neuen Bereichen einzusetzen, sind riesig. Und letztlich profitieren alle – der Wald, die Wirtschaft und das Klima." Zusätzlich plant die Clusterinitiative verstärkt in Bildung und Nachwuchsförderung zu investieren. Workshops, Schulprogramme und Kooperationen mit Universitäten sollen das Bewusstsein für die Bedeutung des Holzes schon frühzeitig stärken. Besonders wichtig ist hier der Transfer von Know-how zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, der dazu beiträgt, innovative Konzepte schnell in die Praxis zu bringen.
Gemeinsam für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Holzwirtschaft
Die Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern ist ein Paradebeispiel dafür, wie Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gemeinsam Lösungen für drängende gesellschaftliche Fragen entwickeln können. Alexander Bogner und sein Team zeigen, dass Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg kein Widerspruch sein müssen. Die Arbeit der Clusterinitiative ist ein wichtiger Beitrag dazu, Bayerns Wälder und die Holzwirtschaft zukunftsfähig zu machen. In einer Welt im Wandel zeigt die Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern, wie Holz als Zukunftsressource unseren Alltag nachhaltig prägen kann.
Zitate der Mitglieder
Prof. Dr. Gabriele Weber-Blaschke | Leiterin Forschungsbereich Stoffstrommanagement | Technische Universität München
„Mit unserer Forschungsgruppe an der Professur für Waldinventur und nachhaltige Nutzung und als Mitglied der Holzforschung München verfolgen wir den Lebensweg Holz vom Wald bis hin zur Verwendung von (Alt-)Holzprodukten. Mit Methoden der Stoffstromanalyse, Ökobilanzierung und Nachhaltigkeitsbewertung analysieren und bewerten wir Optionen für die nachhaltige Nutzung von Holz im Rahmen der kreislaufgerechten Bioökonomie. Dazu gehört, dass wir unsere Waldökosysteme mit all ihren Funktionen langfristig erhalten, nachhaltig bewirtschaften, die Holzprodukte ressourcen- und energieeffizient herstellen sowie möglichst lange in der Nutzung halten. Mit der Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern haben wir schon viele Verbund-Projekte erfolgreich durchgeführt. Sie ist das geeignete Netzwerk, in dem Wissenschaft und Praxis über den gesamten Sektor Forst und Holz sowie assoziierten Sektoren eng miteinander kooperieren und Wissen austauschen können.“
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Hans Ludwig Körner | Geschäftsführer | Bayerischer Waldbesitzerverband e.V.
„Der Bayerische Waldbesitzerverband mit seinen forstwirtschaftlichen Vereinigungen und Forstzusammenschlüssen ist von Beginn an ein aktiver und engagierter Partner der Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern. Wichtig sind uns ihre Beiträge bei der Entwicklung und Förderung des Bauens mit Holz und die innovativen Ansätze zur stofflichen Laubholznutzung. Das Cluster erleichtert uns als Urproduzent des Rohstoffes Holz die Vernetzung mit wissenschaftlichen Institutionen und Partnern entlang der Wertschöpfungskette Forst und Holz. Das bedeutet für uns eine wertvolle Unterstützung für Walderhalt und Waldumbau mit einer zukunftsorientierten und innovativen Holznutzung. Das gilt auch für den Einsatz von Holz als Energieträger. “
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 © Baufritz / Philip Herzhoff Dagmar Fritz Kramer | Geschäftsführerin | Baufritz
„Wir sind im Mai 2014 in den Laubholz-Innovationsverbund eingetreten und sind seitdem dabei. Wir haben auf jeden Fall das Bewusstsein erhalten, dass wir uns mit dem Thema Laubholz langfristig beschäftigen müssen und dass zu wenige Laubhölzer als geregelte Bauprodukte eingesetzt werden dürfen/können. Holzarten und zugehörige Eigenschaften konnten wir gut kennenlernen. Für das Projekt kam aus dem Cluster das Management und das Akquirieren und Vernetzen von Kooperationspartnern, was ein großer Vorteil war. Aus dem Laubholz-Innovationsverbund entstand ein Forschungsprojekt zur Herstellung von Buchen-Brettschichtholz. Die Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern bringt uns ein großes Netzwerk und einen Weitblick über den gesamten Holzmarkt, der den Grundstoff unserer Gebäude und Bauweise und damit die gesamte Basis liefert.“
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 © Lichtblau Architekten BDA Dipl.-Ing. (Univ.) Florian Lichtblau | Freier Architekt BDA | Lichtblau Architekten BDA
„Auf Initiative von Prof. Wegener trat ich 2007 in den Beirat der Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern ein. Die Suffizienz tradierter bayerischer Baukultur und das Potenzial zukunftsträchtiger Holz-Architektur mit guten Argumenten und Beispielen für hochwertigste, zirkuläre Holzwirtschaft zu verbinden, fand hohe Resonanz und Unterstützung. Erfolgreiche Aktivitäten schlossen sich an, „Nachhaltigkeit gestalten” wird zur Losung für eine neue Baukultur. In unserer Architektenpraxis konnten vielfältig innovative Holzbauprojekte mit Forschungsbeiträgen angestoßen und realisiert, die Ergebnisse und Erfahrungen in Publikationen, Lehre und Beratung weitergereicht werden. Für ihre Netzwerk-Aktivitäten möchte ich der Clusterinitiative ganz besonderen Dank aussprechen.“
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