Zukunftsmeile Paderborn: Hier trifft Hightech-Oase auf ostwestfälische Netzwerkkultur

Das Bild zeigt Michael Kemkes.
Clustermanager Michael Kemkes vor dem Gebäude der Geschäftsstelle von InnoZent OWL in der Zukunftsmeile 2
© InnoZent OWL
Michael Kemkes

Die Paderborner Innenstadt gilt als grüne Oase und beeindruckt durch die Paderquellen – mit ihren insgesamt sechs Quellarmen, die sich malerlisch durch den historischen Stadtkern schlängeln und die beachtliche 4.300 Liter Paderwasser pro Sekunde aus der Innenstadt schieben. Nur wenige Gehminuten von dieser grünen Oase entfernt befindet sich ein weiteres Paradies – man könnte es auch „Hightech-Oase“ für Wissenschaft und Wirtschaft nennen: Die Zukunftsmeile 1 und 2 – kurz „ZM1“ und „ZM2“. Diese ist Sitz der Geschäftsstelle von InnoZent OWL, Mitglied im Programm „go-cluster“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.

Auf der Zukunftsmeile ist der Name Programm

Wo ursprünglich der Paderborner Computer-Pionier Heinz Nixdorf seinen Entwicklungsstandort hatte, erwächst seit 2011 ein renommierter Forschungs- und Innovationscampus für Intelligente Technische Systeme. Die erfolgreiche Antragstellung beim Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung der Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) mit dem daraus hervorgehenden Cluster it‘s OWL für Intelligente Technische Systeme im Jahr 2011 mündete in einem bedeutsamen Standort für Innovation und Forschung Paderborn und der ganzen Region OWL. Mittlerweile beheimatet die Zukunftsmeile 1 und 2 nicht nur Wissenschaftseinrichtungen wie der Universität Paderborn mit ihrem Software Innovation Campus Paderborn (SICP) und dem Heinz-Nixdorf-Institut, das Fraunhofer und das Fraunhofer Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM. Hier gibt es auch zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Softwareunternehmen und Großunternehmen wie beispielsweise dem Elektronikhersteller Weidmüller und dem Haushaltgerätehersteller Miele. InnoZent OWL hat das Potenzial der Hightech-Oase schnell erkannt und hat mit der Fertigstellung der Zukunftsmeile 2 im Jahr 2019 seinen Sitz vom Technologiepark wieder an die Zukunftsmeile verlegt. Seitdem ist die Zukunftsmeile 2 die Quelle der Geschäftstätigkeit des ostwestfälischen Netzwerkes für Forschung, Kooperation und Innovation.

Netzwerk mit Tradition – seit mehr als einem Vierteljahrhundert

„Wir lieben diesen Standort, weil er unserer Idee des Netzwerkens und des Zusammenkommens so sehr entspricht und wir hier Möglichkeiten und Räume für Austausch schaffen“, sagt Clustermanager Michael Kemkes. Er ist seit 2011 mit an Bord von InnoZent OWL. Der Verein selbst wurde schon vor mehr als 25 Jahren ins Leben gerufen: Im Jahr 1998 fanden sich rund 20 Unternehmen zusammen und gründeten den Verein auf Initiative von Karl-Heinz Stiller, der im Folgejahr Vorsitzender der Geschäftsführung von Wincor Nixdorf wurde. Wenig später wurde Kemkes‘ Vorgänger Andreas Keil als Geschäftsführer eingesetzt, der mittlerweile Mitglied des Vorstandes von InnoZent OWL e. V. ist. Kemkes war vorher in der regionalen Entwicklungsgesellschaft tätig und betreute dort die regionalen Netzwerke. Er hatte damals auch den Antrag für den Spitzencluster-Wettbewerb mitbekommen und kam dabei erstmals mit InnoZent in Kontakt – schließlich entschied er sich für den Seitenwechsel und damit die konkrete Arbeit im Technologiennetzwerk. Mittlerweile hat dieses mehr als 70 Mitglieder aus Wissenschaft und Wirtschaft, die ein Abbild der regionalen Wirtschaftsstruktur sind. Die Mitglieder kommen aus den Bereichen Automatisierung, Verbindungstechnik, Elektronikfertigung und Maschinenbau. Die meisten Mitglieder sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht selten inhabergeführt und zum Teil sogar Marktführer in ihrer speziellen Technologienische sind. Diese vielen KMU sind die Quelle der regionalen Wirtschaftskraft.

Als gebürtiger Herforder liegt Kemkes die Region sehr am Herzen. „Es gibt hier eine starke Netzwerkkultur, die sehr offen, sehr dynamisch ist“, sagt er, „Wir sind stolz darauf, mit unserem Netzwerk Teil dieser Kultur zu sein.“ Kemkes ist überzeugt davon, dass diese Kultur auch den Erfolg der Region OWL ausmacht. Paderborn ist nämlich nur ein Standort in OWL, an dem die Themen Forschung und Netzwerken aufeinandertreffen. Bielefeld mit seiner Universität und Hochschule sowie Lemgo mit seiner technischen Hochschule und seiner Smart Factory sind weitere starke Wissenschaftsstandorte in OWL. Diese Städte treten auch über die Grenzen von OWL hinaus als Dreierverbund und starke Forschungsregion auf.

InnoZent als Mittler zwischen Neuen Technologien und Unternehmen 

InnoZent versteht sich als Mittler zwischen Neuen Technologien und Unternehmen, scannt die Forschungslandschaft der Bereiche IT und Elektronik und übersetzt die Bedeutung der Entwicklungen für Unternehmen. Aus diesem Know-how wurden über Jahre hinweg immer mehr Projekte abgeleitet, meist in Form von Verbundprojekten, in denen Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen projektbezogen zusammenarbeiten. Im Jahr 2006 ist das Netzwerk erstmals mit dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) in Berührung gekommen, das den Grundstein für eine sehr marktnahe Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse legte. „Ab diesem Zeitpunkt sind wir dann in Kooperation mit Innovationsprojekten sehr tief in die Fördermöglichkeiten eingetaucht, die das ZIM bietet“, so Kemkes. Damit war InnoZent mehr und mehr auch bundesweit, über die Grenzen von OWL hinaus, aktiv. Mittlerweile kann Kemkes auf einen Pool von rund 300 Akteuren zurückgreifen, wenn es um Projekte und Vorhaben geht, egal zu welchem Thema. Auch für internationale Projekte hat das Cluster gute Kontakte.

Bei InnoZent trifft Expertise auf Projektentwicklung

Die Mitglieder schätzen aber nicht nur die guten Kontakte, sondern auch die fachlichen Angebote, die das Netzwerk macht. Das sind beispielsweise kleine Workshop-Reihen, oft tief-technischer Art, an denen maximal 25 Personen teilnehmen. Die Teilnehmenden sind dabei nicht selten Entwicklungsleitende, technische Leitende oder andere Führungspersonen, die sehr tief im Thema stecken. Hier tauschen sich Entscheiderinnen und Entscheider aus, stellen die Herausforderungen dar und entwickeln daraus ganz konkrete Projekte, die nicht immer gefördert sind, aber die die Herausforderungen der Branche tief an der Wurzel packen.

„Der Mehrwert einer Mitgliedschaft bei uns liegt häufig darin, dass Unternehmen ihre Lernkurven, insbesondere zu ganz spezifischen Themen und Fragestellungen, extrem abkürzen können, weil sie bei uns mit den richtigen Experten in Kontakt kommen“, sagt Kemkes. Die Unternehmen können darüber hinaus jederzeit anrufen, wenn sie Fragen haben, auch wenn es um Fördermöglichkeiten geht. Zusätzlich unterstützt InnoZent seine Mitglieder bei jeglichen Fragen der Projektierung von Innovationsprojekten und wie sie diese fördertechnisch flankieren können, beispielsweise durch ZIM oder die steuerliche Forschungszulage.

Exzellent vernetzt zu zahlreichen Erfolgen

Mit diesen Angeboten und Services ist es InnoZent OWL in den letzten Jahren gelungen, zahlreiche ZIM Projekte in die Region zu holen, wie z. B. die erst kürzlich als ZIM-Kooperationsprojekt des Jahres 2024 ausgezeichnete Entwicklung eines effizienten und flexiblen Verfahrens zur Spannungsstabilisierung von Energieversorgungsnetzen der Firma Condensator Dominit GmbH. Ein weiterer Erfolg von InnoZent war die Mitwirkung beim Spitzencluster-Antrag. Dabei hat der Verein in besonderem Maße die Perspektive des Mittelstands eingebracht. Das daraus hervorgegangene Spitzencluster it`s owl ist mittlerweile ein international anerkanntes Cluster im Bereich Intelligente Technische Systeme. Im Jahr 2016 ist es InnoZent OWL gelungen, mit den Partnernetzwerken Energie Impuls OWL, der Food-Processing Initiative, Zentrum für Innovation in der Gesundheitswirtschaft und OWL Maschinenbau sowie der Hochschule Bielefeld das Projekt „CirQuality OWL“ und damit die Themen Nachhaltigkeit und zirkuläres Wirtschaften auf die regionalen Agenden zu holen. „Das war damals ein großer Impuls für die Region“, erinnert sich Kemkes. „Vor acht Jahren musste man das Thema noch ganz schön vorantreiben, mittlerweile ist es glücklicherweise zum festen Bestandteil vieler Projekten und sogar Teil der Strategie des Spitzencluster it`s owl geworden.“

Mit der Vielzahl an Projekten konnte InnoZent OWL über die Jahre hinweg seine Strategieprozesse immer weiter optimieren und so immer leichter Projekte aufsetzen. Im Jahr 2021 erreichte die Anzahl der Projekte in Umsetzung ihren Höhepunkt, wodurch das Team von InnoZent OWL von vier auf zwölf Personen wuchs. Mittlerweile hat InnoZent ein Team von 10 Mitarbeitenden (7,8 Vollzeitäquivalente) und ist mit Fachleuten aus den Bereichen Agraringenieurwesen, Biotechnologie, Elektronik, Geisteswissenschaft, Germanistik, Wirtschaftsingenieurwesen und Pädagogik äußerst interdisziplinär aufgestellt. „Unser Team leistet eine enorme Übersetzungsleistung, denn für uns geht es immer darum, komplex-technische Inhalte für die Unternehmen so aufzubereiten, dass sie die daraus resultierenden technischen Möglichkeiten für sich erkennen können“, so Kemkes.

KMU stets im Blick

Aktuelle Projekte befassen sich mit den Themen 5G Netze und ihrer konkrete Anwendung, wie beispielsweise 5G for Industry sowie das Folgeprojekt DeSiRe-NG, das 5G Netze für Betriebsgelände, Hallen und sogar die ganze Region untersucht. Weitere Projekte befassen sich mit den Themen Künstliche Intelligenz (Progressiv KI), der Nutzung von Abwärme in Produktions- und Industrieprozessen mittels Wärmepumpe (HeatTransPlan). Auch das Thema IT-Sicherheit bearbeitet InnoZent in zahlreichen Projekten, aber am stärksten wird das Thema Nachhaltigkeit, wie beispielsweise im Projekt CE:FIRE und zukünftig auch in GoProZero, bearbeitet.

Die Rolle von InnoZent OWL in den Projekten ist immer unterschiedlich, mal ist das Netzwerk Initiator, mal Dienstleister, mal Projektoffice. Gleichbleibend ist aber, dass InnoZent die Brille der KMU aufhat, sich als Anwalt der KMU-Bedarfe sieht. InnoZent ermittelt die Anforderungen an die Projekte dahingehend und sieht seine Aufgabe darin, die Ergebnisse und die Vorgehensweise von Projekten in Abgleich zu bringen, beispielswiese über sogenannte Begleitkreise, parallel zum eigentlichen Projekt. „Wir bringen dann zum Teil noch zusätzliche, für KMU relevante Anforderungen aus der Praxis mit ein und bewerten die Ergebnisse“, so Kemkes. „Damit sind wir Sparringspartner für Zwischenergebnisse und legen unser Augenmerk auf eine möglichst breite und praktische Nutzbarkeit der Ergebnisse.“

InnoZent als Quelle für Zukunftsprojekte

Wenn Projekte schließlich beendet sind, leistet InnoZent Transferaktivitäten. Hier nutzen sie dann beispielsweise das Programm „go-cluster“, die Mittelstandskompetenzzentren oder die Industrie- und Handelskammern, um die Ergebnisse zu multiplizieren und das Thema über Wiedervorlagen in Form von Veranstaltungen oder Workshops auf der unternehmerischen Agenda zu halten.

Der Verein bleibt damit der zentrale Ansprechpartner für Technologieunternehmen der Region OWL und sorgt auch in Zukunft dafür, dass Projekte zu Zukunftsthemen und -technologien aus der ostwestfälischen Erde sprudeln.

Zitate der Mitglieder

Das Bild zeigt Marc Vathauer.
© MSF-Vathauer Antriebstechnik GmbH & Co KG
Dr. Marc Vathauer | Geschäftsführer | MSF-Vathauer Antriebstechnik GmbH & Co KG

„Wir von der MSF-Vathauer Antriebstechnik freuen uns seit 2007 Mitglied bei InnoZent OWL zu sein. Als innovatives mittelständisches Familienunternehmen ergeben sich für uns immer wieder Ansätze beim Einsatz neuer Technologien, bei Förderprojekte im Technologieentwicklungsbereich sowie beim Austausch mit anderen Unternehmen bei denen uns InnoZent OWL als kompetenter Ansprechpartner immer zur Seite steht. Hier schätzen wir die kurzen Wege, den offenen Austausch sowie das offene Netzwerken mit anderen Unternehmen. So konnten wir wertvolle Kontakte zu Hochschulen, zu Forschungseinrichtungen sowie zu Unternehmen knüpfen um Technologieentwicklungsprojekte im Bereich der Antriebsautomatisierung und der Elektronikentwicklung umzusetzen.“

Das Bild zeigt Holger Flatt.
© Fraunhofer IOSB-INA, Dr.-Ing. Holger Flatt
Dr. Holger Flatt | Gruppenleiter Intelligente Sensorsysteme | Fraunhofer IOSB-INA

„Seit über 10 Jahren sind wir als das Fraunhofer Institut in Lemgo Mitglied bei InnoZent OWL. Dieses Engagement resultiert aus unserem Interesse an innovativen Netzwerken und der Schaffung von Synergien. Die Mitgliedschaft ermöglicht es uns, gemeinsam in den Austausch zu treten und auf dieser Grundlage neue Kooperationsprojekte mit Industriepartnern und Forschungseinrichtungen zu entwickeln. Besonders schätzen wir die hohe Expertise von InnoZent OWL im Bereich der Erstellung von Projektanträgen, wodurch wir die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Projektträger überzeugend erfüllen können. Ein herausragendes Beispiel für unsere Zusammenarbeit ist das ZIM-Projekt zur Entwicklung einer intelligenten Orthese mit einem neuartigen optischen Sensorsystem.“

Das Bild zeigt Christian Gieselmann.
© insensiv GmbH
Christian Gieselmann | Geschäftsführer | insensiv GmbH

„Die insensiv GmbH ist seit 2019 Mitglied bei InnoZent OWL. Wir hatten damals eine Idee für ein Forschungsprojekt mit einer Drohne. Über Umwege sind wir dann an InnoZent OWL gekommen, die uns bei dem entsprechenden ZIM Projekt für das spezielle Drohnenprojekt erfolgreich begleitet haben.
Später gab es dann die Mitarbeit in Austauschprojekten mit anderen Firmen, um im Networking Themen der Geschäftsentwicklung zu erörtern. Weiterhin haben wir uns in dem Elektronikforum engagiert, an dem wir bis heute regelmäßig teilnehmen. Hier sind wir im Austausch mit anderen Firmen, die ebenfalls eigene Elektronik entwickeln, fertigen oder integrieren. Die organisatorische Unterstützung bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben ist für uns sehr wichtig, um unsere Entwicklungsprojekte effizienter voranzubringen. Der Austausch mit anderen Mitgliedern in Fachausschüssen gibt neue Impulse für die eigenen Projektvorhaben. Unsere patentierte, kabelgebundene Drohne haben wir von der Antragsstellung und bis hin zur Messepräsentation zusammen in einem Forschungsprojekt erfolgreich realisiert.“

Weiterführende Informationen

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