Meldung
06.08.2020

Institut für Kunststoffverarbeitung: Roboterbasierte Wickelanlage in Betrieb genommen

Einsparpotenziale bei der Druckbehälter-Herstellung für Brennstoffzellenfahrzeuge erforschbar

Das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) hat eine neue roboterbasierte Wickelanlage der Firma Hille Engineering in Betrieb genommen. Mit der Anlagentechnik, in die unterschiedliche optische Messsysteme zur Inline-Erfassung von Fertigungsfehlern integriert wurden, können ab sofort mögliche Einsparpotenziale bei der Herstellung von Typ-4-Druckbehältern im Nasswickelprozess für Brennstoffzellenfahrzeuge erforscht werden.

Institut für Kunststoffverarbeitung: Roboterbasierte Wickelanlage in Betrieb genommen
Gesamtansicht der roboterbasierten Wickelanlage im FVK-Technikum des IKV
© IKV/Fröls
Institut für Kunststoffverarbeitung: Roboterbasierte Wickelanlage in Betrieb genommen

Insgesamt neun Projektpartner, darunter neben dem IKV die Unternehmen BMW, Ford und Mercedes-Benz FuelCell, arbeiten in dem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Forschungsprojekt an Optimierungspotenzialen bei der Herstellung von Druckbehältern. Sie betrachten dabei die gesamte Wertschöpfungskette mit dem Ziel, die Kosten- und Materialeffizienz zu steigern.

Aufgaben des IKV-Teams

Ein Team Forschender des IKV übernimmt im Projekt die Untersuchung des mechanischen und thermischen Verhaltens der Liner-Boss-Ventilschnittstelle. Darüber hinaus entwickelt das Team Methoden zur Inline-Erfassung von Fertigungsfehlern im Nasswickelprozess. Als Fertigungsfehler werden hierbei alle Abweichungen zwischen der simulativen Auslegung des Behälters und dem tatsächlich gefertigten Behälter angesehen.

Aufgrund der Vielfältigkeit der möglichen Fertigungsabweichungen fokussieren die Forschenden zunächst die Erfassung der Faserbandgeometrie (Faserbandbreite, Faserbandorientierung, Faserbanddicke) sowie die Positionierung des Faserbands auf dem Druckbehälter. Hierzu werten sie derzeit unterschiedliche optische Messtechniken zur Erfüllung der Messaufgabe aus.

Institut für Kunststoffverarbeitung: Roboterbasierte Wickelanlage in Betrieb genommen
Infrarotkamera zur Inline-Ermittlung der Faserbandbreite
© IKV/Fröls
Institut für Kunststoffverarbeitung: Roboterbasierte Wickelanlage in Betrieb genommen

Implementierung von optischen Messsystemen in die Anlagentechnik

Für eine fundierte Evaluierung ist die Implementierung der Messsysteme in die neue Anlagentechnik von großer Bedeutung. Die roboterbasierte Wickelanlage arbeitet nach dem Prinzip des bewegten Dorns, bei dem sich der Wickelkörper auf einer Linearachse vor dem Fadenauge hin und her bewegt.

Das Fadenauge ist als Bestandteil des Legekopfs an einem 6-Achs-Industrieroboter KUKA KR 300 befestigt. Der Legekopf enthält eine integrierte Spulenaufnahme für vier Faserspulen, eine separate Fadenspannungsregelung je Faden, eine Imprägniereinheit sowie eine zusätzliche Bandspannungsregelung. Dies ermöglicht eine präzise Faserbandablage auf dem Wickelkern. Die Einspannlänge der neuen Anlage beträgt 300 bis 3.000 mm und es können Bauteile mit einem Maximalgewicht (inklusive Wickeldorn) von bis zu 300 kg gefertigt werden. Der Durchmesser der Wickelkörper ist hierbei auf 800 mm begrenzt.

Erreichbare Wickelgeschwindigkeiten liegen bei bis zu 2 m/s in Abhängigkeit vom eingesetzten Wickelkern. Neben dem Nasswickelverfahren eignet sich die Anlage aufgrund ihrer hohen Modularität im Legekopf auch zum „Towpregwickeln“ (Towpreg bezeichnet ein spulenbasiertes Infiltrationsverfahren).

Die Messtechnik zur Erfassung der Faserbandgeometrie wird am Legekopf integriert. Neben Umfangslagen können auch steile und flache Helixwicklungen untersucht werden. Um zeitnah erste Versuche durchführen zu können, werden derzeit entsprechende Aufnahmen für die optischen Messsysteme gefertigt.

Virtuelle Rekonstruktion des Druckbehälters

Zur Bestimmung der Ablageposition ist die Inline-Erfassung des Faserbands alleine nicht ausreichend. Zur Bestimmung der Position des Faserbands auf dem Wickelkörper werden die Maschinenkoordinaten und damit der Ablageort mit den Messdaten verbunden, sodass eine ortsaufgelöste Zuordnung der Messdaten und damit eine virtuelle Rekonstruktion des Druckbehälters ermöglicht wird. Hierzu verfügt die neue Wickelanlage über einen Hutschienen-PC mit einer SQL-Datenbank, über welche die Positionsdaten, sowie weitere relevante Prozessparameter wie die Abzugsgeschwindigkeit, die Fadenspannung, der Rakelspalt und die Harzbadtemperatur, für die Datenauswertung zur Verfügung gestellt werden.

Projektleitung und Kontakt

Nadine Magura, M.Sc.
nadine.magura@ikv.rwth-aachen.de

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