Meldung
08.06.2020

Logistik-Initiative Hamburg: Frachttransport in Deutschland im Klima-Blindflug

Laut Befragung haben 45 % der Logistikunternehmen keine vollständige Emissions-Übersicht.

Die Corona-Pandemie hat die Klimakrise in den Schlagzeilen abgelöst. Dennoch sind die potenziellen Folgen nicht weniger dramatisch. Im Gegenteil, gegen den Klimawandel ist ein Impfstoff nicht absehbar. 6,7 Gigatonnen CO2 – das ist der Wert, den die Internationale Energieagentur für den Treibhausgas-Ausstoß des globalen Transportsektors bis 2050 prognostiziert, sollte alles so weitergehen wie bisher. Das entspräche einem Zuwachs von 67 % gegenüber 2019. Eine gemeinsame Studie der Firma Appanion Labs und der Logistik-Initiative Hamburg zeigt nun: Knapp die Hälfte der deutschen Logistikunternehmen erfassen ihre Emissionen gar nicht oder nur unvollständig. Bei Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden sind es sogar 64 %. Eine nachhaltige Umstellung auf emissionsfreie Transportmittel und die Reduzierung aller nicht notwendigen Aktivitäten, die das Klima schädigen, scheinen die einzigen Lösungsansätze. Für den Transportsektor stellt sich dabei seit Jahren die Frage, wie das gelingen kann.

Logistik-Initiative Hamburg: Frachttransport in Deutschland im Klima-Blindflug
Eine Frage der gemeinsamen Studie von Appanion Labs und der Logistik-Initiative Hamburg
© Appanion Labs, Logistik-Initiative Hamburg
Logistik-Initiative Hamburg: Frachttransport in Deutschland im Klima-Blindflug

Steigendes Frachtvolumen trifft auf fehlende alternative Antriebsformen zu wirtschaftlich abbildbaren Konditionen – dies betrifft Straße, Schiff und Flugzeug gleichermaßen. Die Bahn kämpft derweil mit Kapazitätsengpässen und zu niedriger Abwicklungsgeschwindigkeit.

Emissionsdaten werden immer wichtiger

Um der Situation Schritt für Schritt zu begegnen, werden Emissionsdaten immer wichtiger. Damit Unternehmen ihre Klimabilanz optimieren können, müssen sie verursachungsgenau wissen, wann und wie viel Treibhausgas emittiert wird. Jedoch besteht auch hier großer Nachholbedarf für die Branche.

Nur wenige Unternehmen kennen ihre vollständigen Emissionsdaten

Dies zeigen aktuelle Befragungsergebnisse unter 85 Logistikunternehmen in Deutschland auf Initiative der Firma Appanion Labs und der Logistik-Initiative Hamburg. Zwar stellen 88 % der Unternehmensvertreter ein gestiegenes Klimabewusstsein fest, jedoch haben nur die wenigsten einen klaren Überblick ihrer vollständigen Emissionsdaten.

Insbesondere die vielen Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden im Transportbereich stehen vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, digitale Lösungen zur Erhebung und Berechnung einzusetzen. Oft wird mit Emissionsfaktoren des Umweltbundesamtes gearbeitet. Diese Umrechnungswerte geben jedoch nur eine ungefähre Indikation. Erst das genaue Messen der Verbrauchsdaten ermöglicht die effektive Prüfung, inwieweit konkrete Maßnahmen wie Leerfahrtenvermeidung zur Reduzierung von Treibhausgasen beitragen.

Größte Herausforderung: fehlende oder ungenaue Eingangsdaten

Die größte Herausforderung sehen Unternehmen jeder Größe und Spezialisierung dabei in den fehlenden oder ungenauen Eingangsdaten. Die Verarbeitung von Telematik-Daten und vor allem die Weitergabe von transportstreckengenauen Emissionswerten entlang der Lieferkette sind wichtige Faktoren, die zukünftig digital und automatisiert ablaufen müssen.

Positiv ist, dass 84 % der Unternehmen bereit sind, konkret in Klimaschutz zu investieren. Immerhin 42 % der Befragten signalisieren Bereitschaft, Daten entlang der Lieferkette mit anderen Unternehmen zu teilen. Viele sehen gleichzeitig potenzielle Wettbewerbsnachteile in zu hoher Transparenz. Gemeinsame Aufgabe von Wirtschaft und Politik wird sein, diese Motivation durch die aktuelle Krise zu tragen. Die Bestandsaufnahme zeigt deutlich, dass weitere Unterstützung notwendig ist, um Investitionen möglichst sinnvoll einzusetzen und mithilfe von technologischen und digitalen Innovationen den Klimaschutz auch im Transportbereich salonfähig zu machen.

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