Meldung
14.05.2018

Strategische Partnerschaft Sensorik: Die ersten Chatbots führen bereits Bewerbungsgespräche

HR-Expertenforum im Sensorik-Netzwerk verdeutlicht: Nutzung von Big Data und künstlicher Intelligenz in moderner Personalarbeit bereits Realität

Digitale Transformation hat nicht nur im industriellen Umfeld Einzug gehalten. Die Impulsvorträge beim 8. HR-Expertenforum des Clusters Strategische Partnerschaft Sensorik am 8. Mai 2018 zeigten deutlich: Fortschrittliche Unternehmen nutzen bereits Big Data und künstliche Intelligenz. Von der Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Karriereberatung bis hin zu individualisierten Lernprofilen – die Arbeit der Personalabteilungen lässt sich so beschleunigen und verbessern.

Im Hinblick auf die aktuelle Fachkräftesituation bringt dies Unternehmen entscheidende Vorteile. Zu Gast im Sensorik-Netzwerk waren mit IBM, DATEV und HRForecast Vorreiter moderner Personalarbeit. Die Referenten boten auch den gut 50 Personalexperten aus dem Sensorik-Netzwerk Einblicke in bisher ungeahnte Realitäten, u. a. eine Live-Demonstration. Anrufer hierbei war jedoch nicht der Personalreferent, sondern sein digitaler Assistent, ein Bot.

Auch Personalreferenten sind derzeit gefordert, sich mit neuen Fähigkeiten und Fertigkeiten für den Umgang mit digitalisierten Prozessen und neuen Routinen bei der Entwicklung des gesamten Unternehmens einzubringen. „HR 4.0 – alles bleibt anders?” Dieser Frage stellt sich Stefan Schmeller, Persoblogger und Fachberater Personalmarketing und Employer Branding bei der DATEV eG, in seinem Impulsvortrag. Mit welchen Kompetenzen Mitarbeiter der Zukunft im Bereich Human Resources (HR) ausgestattet sein müsse? Schmeller gab die Antwort: Entscheidend sei nach wie vor Fachkompetenz, eine absolute Spezialisierung jedoch nicht zwingend nötig, viel wichtiger die Offenheit gegenüber neuen Ansätzen, die durch Technologielösungen möglich seien. Enorme Bedeutung misst Schmeller zudem einer bereichsübergreifenden Vernetzung zu. „Aus dem HR-Silo und nicht in Deckung gehen” lautet daher sein Appell. Nur wenn sich die HR-Abteilung als beratender Partner aktiv und auf Augenhöhe in Gespräche zur Organisationsentwicklung einklinke, könne HR auch einen wertschöpfenden Beitrag leisten. „Wer nicht mitredet, wird irgendwann auch nicht mehr zu entscheidenden Meetings eingeladen.” Der Einsatz von digitalen Tools und Helfern, z. B. bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter, stehe schon auf der Tagesordnung, so der Experte, und gab mit dem Ziel des Projekts empaT eine weiteren Ausblick: Hier wird an einem Avatar gearbeitet, der die Emotionen des Gegenübers erkennt und im Gespräch berücksichtigt.

Anknüpfend an Schmellers Impuls zeigte Christian Resch von HRforecast, wie die Erfassung und Verknüpfung von Daten sowie deren Auswertung und das Training von Algorithmen in der Unternehmensrealität im Detail erfolgen und Unterstützung leisten. Worin hier der Vorteil liegt? Bei der Auswertung von Normal Data, hierzu zählen z. B. Kundendaten, Daten in Produktkatalogen oder Personalkosten, stoße man schnell an Grenzen, so Resch. Big Data erlaube es dagegen, z. B. Kompetenzen der Mitarbeiter aus zum Teil unstrukturierten Daten zu extrahieren oder Stellenausschreibungen der Mitbewerber zu analysieren. „Die Veränderung von Daten, die Komplexität und Dynamik lässt sich erfassen.” Makroökonomische Daten, wie die Arbeitsmarktverfügbarkeit, Arbeitsmarkttrends oder Konkurrenzbenchmarking, liefern wertvolles Wissen für eine Ausgestaltung. Die Verknüpfung dieser externen Daten mit den internen bringe dann einen entscheidenden Informationsgewinn nicht nur auf dem Bewerbermarkt. Neue Analysemethoden schaffen auch Transparenz über die Verfügbarkeit von Fähigkeiten im Unternehmen. Reschs Beispiel für den Einsatz von Big Data im Bereich „Skillplaning” untermauerte dies. Komplexe Daten müssen jedoch nicht kompliziert dargestellt werden. Die Visualisierung anhand eines „Skill-Radars” lässt auf den ersten Blick erkennen, welche Fähigkeiten im Unternehmen auch über Standorte hinweg vorhanden sind, wie wichtig diese sind, wo künftig Engpässe entstehen können. Kritische Rückfragen aus dem Publikum zu diesen fortschrittlichen Ansätzen in puncto „gläserner Mitarbeiter” und dem Umgang mit Bedenken konnte er überzeugend beantworten. Reschs Aussage „Vertrauen braucht es hier nicht” führte anfänglich zu erstaunten und zugleich fragenden Blicken der HR-Verantwortlichen im Publikum. „Vertrauen ist im Kontext von Datenschutz für mich eher negativ behaftet”, erklärte er. Wo Vertrauen erforderlich sei, sei schließlich auch immer Unsicherheit im Spiel. Die HRForecast-Analysemethoden gewährleisten jedoch den korrekten, sicheren Umgang mit personalisierten Daten. Eine entsprechende DSGVO-Zertifizierung bestätigt dies. Sämtliche Aktivitäten in Unternehmen erfolgen darüber hinaus ausschließlich mit Zustimmung des Betriebsrats. Technologien würden auch nicht einfach zum Einsatz kommen, sondern im Zuge eines „Managed Services”, einer begleitenden Einführung, wobei z. B. Gespräche mit Mitarbeiten aller Ebene Verständnis und Akzeptanz fördern.

Sven Semet, „HR Thought Leader Watson Talent”, gab abschließend einen Einblick in die IBM-Welt. Das was dort Realität ist, stellte für den Großteil der Teilnehmer noch eine Vision dar. Semet zeigte mit einer Live-Demonstration, wie die künftige Interaktion im Recruitment schon aussehen kann: ein Anruf von Watson, der ein Gespräch mit dem Bewerber führt, das weitere Vorgehen im Recruiting-Prozess bespricht, auf Fragen reagiert und z. B. aufnimmt, wie und wann sein Gegenüber am liebsten kontaktiert werden möchte. Ein Chatbot sei für diese Prozesse in den USA z. B. schon länger im Einsatz, fügte er hinzu. Dass Prozesse sich somit beschleunigen, liegt auf der Hand: In drei Tagen von der Bewerbung bis zum Arbeitsvertrag sei möglich. Künstliche Intelligenz hilft bei IBM auch, Lernen zu personalisieren und optimal an die Vorstellungen von Mitarbeitern und dem Unternehmen zugleich anzupassen. Lernen von unterwegs ist kein Problem: Das System erfasst dies, als motivierende Anerkennung kann der Mitarbeiter Open Batches neben üblichen Zertifizierungen sammeln und zum Senior Expert in bestimmten Bereichen werden. Die Qualität der empfohlenen Lerneinheiten wird u.a. durch die Bewertung der Mitarbeiter abgesichert. Berücksichtigung finden auch Lernpräferenzen und die Karrierewünsche. Hier steht den IBM-Mitarbeitern mit MyCa auch ein intelligenter Karriere-Coach zur Seite. Die Idee zu MyCa ist entstanden, als bei IBM wieder einmal „gejamt“ wurde. Für einen kurzen Zeitraum tauschen sich Mitarbeiter auf einer virtuellen Plattform aus, bringen Vorschläge und Wünsche ein, welche digitale Unterstützung noch denkbar sei. IBM unterstützt mit den Systemen, die im eigenen Haus zum Einsatz kommen, auch andere Unternehmen. Ein einfacher Einstieg sei hier möglich, da auch mit einzelnen Modulen, z. B. nur einem Recruiting-Tool, gestartet werden könne. Innerhalb weniger Monate sei das Ergebnis dank des „3mal3mal3”-Ansatzes möglich: Dem dreitägigen Design-thinking-Workshop für einen Konzeptvorschlag folgen das in drei Wochen bewerkstelligte Prototyping und ein drei Monate dauernder Pilotrollout. Das Jahr 2011 sieht Sven Semet, der ursprünglich selbst zu den ITlern zählte und nun seine Perspektive seit zwölf Jahren in die Personalarbeit bei IBM miteinbringt, als „Eintritt in eine neue Ära”. Erst seitdem steht die erforderliche Rechenleistung zur Verfügung, um mehr „Business Insights” durch den Einsatz künstlicher Intelligenz zu erhalten. Allerdings fügt er verheißungsvoll hinzu: 80 Prozent der Daten werden nach wie vor noch nicht genutzt, werden aber durch KI-Systeme immer mehr nutzbar gemacht.

Das HR-Expertenforum ist Teil des Projekts „Mit-Arbeitswelt 4.0” (gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration) und bietet insbesondere Geschäftsführern, Personalleitern und -verantwortlichen eine Plattform, sich mit anderen HR-Experten gezielt zu Trends und Entwicklungen auszutauschen und voneinander zu lernen!

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